Sehr geehrter Oberbürgermeister!

Sehr geehrter Oberbürgermeister,
lieber Andi,

ganze ehrlich. Ich bin selten sprachlos, aber heute schon.
Seit Jahren reib ich mich rhetorisch an popeligen Themen wie Kettenbrückenkosten und Munageländeabstimmungen auf und versuche, da irgendetwas halblustiges drumherumzuschwurbeln, damit drei, vier Leute in meine Auftritte kommen und meine Kommentare, Kolumnen und Glossen lesen. Sanfte, billige Gags im Zweifel für ein paar Likes. Zum Lohn hat mich dein Dunstkreis dafür schon einiges rauf und runter geheißen: Verschwörungstheoretiker, Hasskasperl, Kleinstadtkabarettist… Entfreundet, sogar blockiert wurde ich in den sozialen Medien von deinen engsten Vertrauten. Dabei wollte ich nur Kabarett machen und ein bisschen lustig sein.

Nun bin ich sentimental. Weißt noch, als du die Bagger ins Hainbad geschickt hast, um in einer Nacht- und Nebenaktion irgendwelche Schwimmbecken zu- und auf- und wegzubuddeln. Ich bekomm die Geschichte nimmer ganz genau zusammen, aber wir haben dich damals auf der Bühne „Frankens Berlusconi“ genannt. Auch schön die Geschichte, als mich Deine – ich darf ihren Namen nicht sagen – angerufen hat, und mir mit Klage gedroht hat, weil ich ihren Namen gesagt hab in meinem Programm. Seitdem hab ich nie mehr ihren Namen gesagt in meinem Programm. Inzwischen muss sie berufsbedingt ja sogar Lokalkabarettisten toll finden. Ausgeflippt sollst du sein, als du erfahren hast, dass mich ein SPD-Ortsverband hier in Bamberg aus Versehen als Fastenredner gebucht hat, weil du keine Zeit hattest. Ich musste so lachen damals. Leider hab ich diese sagenumwobene Bürgerversammlung im Bamberger Norden verpasst, wo man dich fast mit Tomaten beworfen hätte, weil du mit deinen Stadtteilen Schnick-Schnack-Schnuck und Reise nach Jerusalem gespielt hast. Hauptgewinn: Eine Moschee. Selbst beim Datenschutzskandal hast offensichtlich den Kopf aus der Schlinge argumentiert bekommen. Aber ganz ehrlich: Meinen Respekt hast Du Dir verdient, als Du mir fast fehlerfrei Bamberg auf eine stumme Karte gemalt hast. Das lief nicht so gut für mich, da wollte ich Dich zugegebenermaßen vorführen.

Als ich Ende November in meiner Kolumne ein paar Höhergruppierungen thematisiert hab und dass es da vor dem Personalsenat vielleicht noch Ungereimtheiten zu klären gäbe, die in einem Bericht vom Prüfungsverband stehen würden, sind bei mir reihenweise Nachrichten deiner Stadtratsfans und-fäninnen eingeschlagen. „Wie könnte ich sowas behaupten! – Ewig würde ich Fehlinformationen und Vermutungen hinterherhumpeln, ein persönlicher und wenig politischer Feldzug wäre es!“ – Ein anderer Gefolgsmann aus Deiner Rathauskoalitionskombo hatte zwar den Bericht, hat ihn aber sicherheitshalber nicht verstanden. Schon praktisch, wenn die Kompetenz der Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses da an der Kante ist, wo man Namen deiner Lieblingsmitarbeiter im Rathaus in so einem Bericht mit Initialen abkürzt. Du hast dich immer mit den Richtigen umgeben. Da wo es besser ist, nicht die tiefsten Teller, und Hauptsache treu.

Und nun? – Dass sich reihenweise zweitklassige Rathausmitarbeiter Überstunden bezahlen haben lassen, die sie gar nicht geleistet hatten, mit so viel Ungeschick konntest du nicht rechnen. Wenn unsere gemeinsame Zeit deshalb enden muss, wäre das mindestens so fad wie das offene Ende von einem italienisch-französischen Programmkinofilm. Dann lassen wir uns für Dich was spektakuläreres einfallen. Vielleicht dass du auch Zulagen kassiert hast, die dann über’n Klausi und irgendwelche Scheinfirmen an die Fränkische-Rom-Mafia geflossen sind, die schon reihenweise Kleinstadtkabarettisten im Kanal versenkt hat und die ein Leberkäsekartell betreibt, und wo sich nachts vor den großen Bossen leicht bekleidete Pfarrersfrauen mit Senf einreiben… Was weiß ich. Uns fällt was ein für einen würdevollen, einen spektakulären Abgang!

Frohes Fest, Andi! Lass mal was von Dir hören!
Dein Lieblingskleinstadtkabarettist

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