Meine erste Überstunde

Wie schön. Nach dem Fall Warmuth vor knapp 20 Jahren, an den sich nur noch die Älteren erinnern dürften, und dem Kettenbrückenchaos vor ungefähr 10 Jahren besteht endlich mal wieder die ganz große Chance für Bamberg, marketingmäßig einen richtigen, bundesweiten Coup zu landen. Tagesschau und/oder -themen, Brennpunkt, Frontal21 bis 38, Jan Böhmermann , ZDF heute-show..

Kinners, das wird ein Spektakel! Ein Spektakel, das uns fast entgangen wäre, weil der gesamte Rechnungsprüfungsausschuss die Prüfunterlagen im Oktober daheim auf den Stapel mit den alten FTs, den WOBLAs ausm letzten halben Jahr und den Supermarktprospekten vom Oktober, November und Dezember gelegt hatte. Touristen werden sich in Zukunft nimmer das Alte Rathaus und den Dom anschauen, sondern die Zimmer von den Rathausoberen, aus denen heraus die kleinen Gehaltsguddis spendiert wurden, und den Sitzungssaal, wo der Rechnungsprüfungsausschuss schläft.

Ihr meint, ich übertreibe? Nach etwas Googlegetippe und -geklicke kann ich euch mitteilen, dass ich wenig bis gar nix gefunden hab, was sich in Bambergs Dimensionen bewegt. Hunderttausende Euros und der juristische Verdacht der Untreue. Da werden wir noch eine zeitlang drüber reden müssen.

Um euch künftig nicht unsortiert und zusammenhangslos mit Staccatoinfos zu versorgen, hab ich mich entschlossen, eine Serie aufleben zu lassen, um euch, so gut es geht täglich, abends, also dann wenn sich städtische Mitarbeiter daheim aufm Sofa über ihre Überstundenpauschalen freuen, über aktuelle Geschehnisse zu informieren, Einzelheiten aus dem Bericht zu beleuchten oder auch einfach mal den Unterschied zwischen Gleitzeit- und Überstundenkonten zu informieren. Deshalb alles unter dem schönen Titel “Herrnlebens ÜBERSTUNDE”.

Heute haben sich Grünes Bamberg Volt Bamberg und ÖDP sowie die FDP Bamberg in eilig zusammengeschusterten Pressemitteilungen geäußert. Ich fass es euch mal zusammen: “Blah, blah! Man fordert Aufklärung! Blah!” – In der Pressemitteilung unserer Greenhorns im Stadtrat beteuert man sogar, den Bericht seit Oktober vorliegen zu haben. Gelesen hat man ihn offensichtlich erst jetzt. Hoffentlich, denn es sind ja über 150 Seiten kleingedrucktes Beamtendeutsch. Der FDPler weint ein wenig, weil er den Bericht, den sogar Kleinstadtkabarettisten vorliegen haben, immer noch nicht haben darf. Evtl. liegts an den Beliebtheitswerten oder an der Vertrauenswürdigkeit. Sollte einem Stadtrat jedenfalls zudenken geben.

Was mich am meisten ärgert an dem ganzen “Ist ja entsetzlich! Sapperlot, sind wir aber jetzt überrascht”-Geheuchel der Rathauskombo:

Bereits im November, also kurz nach dem besagten Rechnungsprüfungsausschuss, in dem der Bericht vorlegt wurde, habe ich in einer Kolumne (Stadtecho: “Herrnlebens Wunschzettel”, findet ihr mit etwas Mühe in diesem Internetz) auf Ungereimtheiten, auf Dauerzulagen und den erhobenen Zeigefinger des Prüfungsverbands hingewiesen. Statt meine Kolumne ernst zu nehmen und mich mal zu fragen, was da los sein könnte, keiften mich systemtreue Stadträte reflexartig an, warfen mir vor, dass ich “ewig nur Fehlinformationen und Vermutungen hinterherhumpeln” würde. Ein anderer Stadtrat, den ich persönlich durch eine Presseanfrage auf den Bericht hingewiesen hab, erklärte mir, dass es ihm unmöglich ist, Namen zu erkennen, und er ja überhaupt nix sagen dürfte, weil ihm die Verwaltung bereits mit rechtlichen Konsequenzen gedroht hat. Währenddessen erhöhte man fleißig weiter Gehälter.

Hinterherhumpeln. Ganz ehrlich, Stadtrat! – Ich bin’s nicht, der hinterherhumpelt. Und hätten BR24 und der Fränkischer Tag Bamberg nicht berichtet, der Bericht läge immer noch auf einem Stapel zwischen alten FTs, den letzten fünf WOBLAs und den Supermarktprospekten von Oktober bis Dezember.

Fortsetzung folgt!

3

mins
read

Begin typing your search above and press return to search. Press Esc to cancel.