Strafbefehl gegen den Chefsachenchef

Andi! Mann, Mann, Mann…
Es läuft nicht rund. Zulagen, Pauschalen, Eilverfügungen, der FT, der BR, die SZ und dieser nervige Kleinstadtkabarettist, alle schauen sie dir momentan ganz genau auf die Finger. Zu Recht? – “Die Gauner homm hald nie bloß aah Rads im Kellä”, sagte Uroma immer. In der momentanen Situation wirkt die Erfolgsmeldung, dass dir dein eigenes Ordnungsamt das Proseccogate hat durchgehen lassen, eher wie Mitleid.

Nachdem ich heute den ganzen Tag am Überlegen war, welches Subthema des Skandidals wir heute beleuchten könnten, schlug kurz vor Feierabend noch eine Medieninfo aus deiner Pressestelle bei mir ein. Transparenz und Offenheit wären dir neuerdings ganz, ganz wichtig. *, **, ***

Es gibt einen Strafbefehl. Nicht direkt Café Sandbad, auch nix auf Bewährung, nicht mal was fürs Vorstrafenregister, “nur” 60 Tagessätze, wie du schreibst, die du trotzdem nicht auf dir sitzen lassen möchtest. Versteh ich. Die Vorwürfe des Gerichts, bewusst gegen das Meldegesetz verstoßen zu haben, weist du zurück. Woher sollst du es auch wissen.

Während jedem halbwegs interessierten Kleinstadtbeobachter auf Nachfrage bei “Dr. jur. Google” nach wenigen Minuten klar war, dass das mit den Staatsangehörigkeiten im Wahkampf nicht ganz rechtens war, haben deine SPD-Geschäftsstelle und du noch im Frühjahr selbstsicher beteuert, nix falsch gemacht zu haben, es gar ja immer schon so gemacht zu haben. Und selbst heute teilen führende SPDler die Meinung, dass es nur die Ansicht des Amtsgerichts Bamberg ist.

Apropos “Nur”.

Nur 60 Tagessätze, also zwei Nettomonatsgehälter, schätzungsweise rund 18.000 Euro, das haut man im Rathaus mal locker im Jahr an unrechtmäßigen Zulagen für einen mittelmäßigen Mitarbeiter raus. Trotzdem willst du das nicht einfach so akzeptieren, was wohl so viel bedeutet wie, dass du Rechtsmittel (eigentlich Rechtsbehelf, aber Kleinkram, das fällt eh nur richtigen Juristen auf) gegen den Strafbefehl einlegen möchtest. Natürlich steht das jedem zu.

Nachdem wir uns beide mit Juristereien nicht so gut auskennen, hab ich mal ein wenig geblättert, nicht dass du wieder was unbewusst falsch machst. Aufgepasst! Du legst nun bitte Einspruch ein. Bitte mach das innerhalb von zwei Wochen, sonst wird das Urteil nämlich rechtskräftig. (§410 Abs. 3 StPO). Per Einschreiben, Fax, irgendsowas, wegen der Beweiskraft.

Dann gibt es innerhalb der nächsten paar Monate wahrscheinlich eine Hauptverhandlung, die man uns allen wegen Corona wohl ersparen wollte. Bitte den Termin gut notieren, nicht dass du den auch unbewusst verbummelst. Da musste hin! (§230 StPO) Wenn du während der Verhandlung mal aufn Topfi musst, bitte nicht einfach raus gehen, sondern beim vorsitzenden Richter per Handzeichen melden und kurz entschuldigen (§231 StPO).

Es könnte zu Beginn des Prozesses einen richterlichen Hinweis geben, dass das Urteil in der Hauptverhandlung höher ausfallen könnte, weil man dir beim jetzigen Strafmaß entgegenkommend ein Geständnis berücksichtigt hat. Das solltest mit einem richtigen Juristen mal kurz besprechen, nicht dass du unbewusst was falsch machst.
Ich hab mir während des Lockdowns einige Gerichtssoaps reingezogen, ich kenn mich inzwischen ganz gut aus. Taktik könnte sein, dass du versuchst, auf Basis von §153 oder §153a eine Einstellung des Verfahrens hinzubekommen. Am besten, noch VOR dem Punkt “persönliche Verhältnisse”, sonst reden hinterher alle über dein Gehalt als OB. Die Einstellung kann einfach so erfolgen oder eben gegen Auflagen: Geld an eine soziale Einrichtung zahlen (NICHT Zulagen für Sozialamtmitarbeiter *zwinkersmiley*) oder Katzenklos im Tierheim sauber machen.

Um die Einstellung des Verfahrens hinzubekommen, musst du aber drauf bestehen, dass dir das mit den Staatsangehörigkeiten, mit dem Meldegesetz, dem Datenschutz, .. dass dir das alles nicht bewusst war, dass du keine Ahnung hattest. Du musst dich also möglichst ahnungslos stellen, du null(!) Ahnung, null Ahnung von nix(!), um nicht zu sagen: Stell dich möglichst deppert. Dann könnte es wegen Geringfügigkeit klappen.
Aber – wie gesagt – ich kenn mich genauso wenig aus wie du mit Juristerei. Ich hab’s halt bisschen bei Google zusammengeklickt. Nichts zu danken, aber falls ich mal einen Strafzettel bekomm, weil mir nicht bewusst war, dass ich mitten auf dem Maxplatz nicht parken darf, würde mir deine Pressestelle eigentlich auch eine Entschuldigung schreiben? Und tätetest du mir dann auch helfen?

Alles Gute, oder wie sagt man unter uns Juristen?

Da mihi factum, dabo tibi ius!

Dein Flo

*) Außer es geht um Zulagen, Pauschalen oder Prämien

**) Außer es muss in nichtöffentlichen Sitzungen behandelt werden

***) Außer es geht um Berichte von kommunalen Prüfungsverbänden

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