Die große Zusammenfassung
Sorry, etwas länger geworden. Lest es halt notfalls auf zweimal…
Nachdem Facebook, die sozialen Medien allgemein, dafür ausgelegt sind, möglichst viel möglichst schnell durch möglichst viele Spezialisten in Kommentarspalten durcheinander bringen zu lassen, Verantwortlich, Schuldige, Mitschuldige, Täter und Mitwisser auszumachen, hab ich mich für heute zu einer kleinen chronologischen Zusammenfassung der Geschehnisse entschieden. Da ich nicht mehr genau weiß, ob mir 2008 oder 2009 das erste Mal wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten aus dem Rathaus mit einer Anzeige gedroht wurde, fangen wir an bei…
2013
Im damals frischen Prüfbericht des kommunalen Prüfungsverbands fiel ein Mitarbeiter dank “entsprechender Leistungen” – wie der SPD-Fraktionschef heute im FT zitiert wird – auf, für die er pauschalisierte Aufwandsentschädigungen ohne Rechtsgrundlage bekommen hatte. Dafür gabs im damaligen Bericht auf die Finger, anschließend: Normales Prozedere im Rechnungsprüfungsausschuss, so bestätigten mir unterschiedliche Quellen, ist, dass der Prüfbericht direkt mit einer Stellungnahme der Verwaltung (“Machmer nimmer, machmer jetzt anders, war uns net bewusst, echt, versprochen!”) vorgelegt wird. Das nimmt der Ausschuss zur Kenntnis und hofft drauf, dass die Verwaltung auch hält, was sie so “verspricht”. Gibt ja überhaupt gar keinen Grund, bei unserer Premiumsverwaltung Zweifel zu hegen. (Ja, ok, meine Abhandlung sollte ja auch lustig sein.)
2018
Freudiges Wiedersehen mit dem Prüfungsverband! Alle paar Jahre schaut der Club der Premiumfinanzkontrollettis aus München vorbei und stülpt Verwaltungen auf links. Hinten in Priesendorf machen die Prüfer das mal schnell zwischen zwei Tassen Kaffee, in Bamberg zieht sich das über einige Monate bis Jahre.
Oktober 2019
Während der Prüfung fiel wohl auf, dass da arg viele Mitarbeiter mit (um den SPD-Fraktionschef mit seiner heutigen Verlautbarung noch mal zu zitieren) “entsprechender Leistung” gibt, die mit Zulagen aller Art gestopft wurden. Die Zahlungen wurden nach dem Hinweis der Prüfer sofort eingestellt, vermittelt man glaubhaft. Das entspricht auch dem Zeitpunkt der ersten Gerüchte aus dem Rathaus, dass die Premiummitarbeiter, die bis dahin monatlich teilweise vierstellige Beträge obendrauf bekommen haben, plötzlich jammernd, seufzend und flehend durch die Gänge krochen.
März bis Mai 2020
Wahl und Koaltionsverhandlungen enden mit bekanntem Ergebnis, aber nicht ohne immer wieder aufflammende Gerüchte und Hinweise, dass da irgendwas im Busch ist.
April 2020
Ich möchte nicht sagen, als erste Amtshandlung, aber zumindest kurz drauf, erlässt unser Chefsachenchef aus dem Rathaus per Eilverfügung allerlei Höhergruppierungen. Unaufschiebbar, wie man argumentierte, teilweise rückwirkend zum Herbst 2019. Dass es eine beträchtliche Schnittmenge zwischen den gebeutelten Rathausseelen von oben und den hopplahopp-höhergruppierten Glückspilzen gibt, ist – natürlich – reiner Zufall. Der Personalsenat bekommt es später zum Abnicken vorgelegt.
24. Juni 2020
Die konstituierende Sitzung des neugewählten Stadtrats steht an. Ein Kleinstadtkabarettist warnt im Hintergrund, in zahlreichen persönlichen Gesprächen, Telefonaten und Mails vor den Plänen, vor allem vor den mauschelig wirkenden Referatsumbildungen. Als Reaktion erhält er aus der Regierungskoalition wahlweise einfach nur Smileys, Schwurbelargumente oder gar nix zurück.
1. Juli 2020
Der Prüfungsverband überreicht seinen Bericht fertiggetippert und geklammert an die Top-Ten aus dem Rathaus. Aber Sommer, Bierkeller, Corona, Ausreden gibt’s genug … “Den lesen wir irgendwann…” dachten sich wohl die einen. “Den schieben wir lieber schön nach ganz unten” dachten sich die anderen. “Stellungnahme zum Bericht machen wir irgendwann. Vielleicht. Wenn einer fragt. Nur wenn einer fragt”, dachte sich wohl die Verwaltung.
Ende Oktober 2020
Das – wie man mir mehrfach bestätigte – langweiligste Gremium, der sogenannte Rechnungsprüfungsausschuss, hat zu einem seiner jährlich normalerweise zwei Kaffeekränzchen geladen. Es gibt Gebäck. Und für jeden der Stadträte in diesem Gremium einen dicken Stapel Papier: “Müssten wir mal lesen, ist so ein Bericht. Irgendwann mal. Ist noch Kaffee da?”
November 2020
Nachdem ich mich öffentlich über Höhergruppierungen, Büchereischließungen und die irgendwann anstehenden Wiederwahl des Finanzreferenten in meiner bekannt liebenswert-freundlichen Art echauffiert habe, schlägt das Gerücht zu einem Bericht bei mir ein. Er wäre besser beschützt als der Heilige Gral und die Abrechnung von “Bamberg zaubert”, heißt es. Aber genug Sprengstoff, um das gesamte RAZ wegzusprengen, das ja eh unglaublich hässlich ist. “Bericht des kommunalen Irgendwas, frag mal nach!” – Da wurde ich natürlich neugierig.
Ende November 2020
Ich wünsch mir per Kolumne vom Christkind den Bericht unter dem Weihnachtsbaum, weil ich sonst keine Chance sehe, dran zu kommen. “Da trägst leichter dem OB seinen Stuhl davon, während er drauf sitzt” hieß es. Verwaltungsergebene Stadträte quittieren meine Thematisierung des Berichts mit Vorwürfen, ich würde immer nur ewigen Fehlinformationen hinterherhumpeln.
Anfang Dezember 2020
Der Finanzreferent wird mit “überwältigendem”, wie der OB zitiert wird, wiedergewählt. Genau genommen war das Wahlergebnis eine Klatsche. Ein Stadtrat fällt in der Sitzung auf, er kennt des Prüfungsbericht, traut sich aber nicht drüber zu reden, weil man ihm vorher erklärt zu haben scheint, dass ihm dafür die Zunge abgeschnitten werden könnte. Und das wäre blöd für einen Schauspieler. Und der übrige Rechnungsprüfungsausschuss war wohl gedanklich schon bei den Weihnachtsplätzchen.
Dezember 2020, drei Tage später
Ich bekomme einen Anruf. Die Stimme am Telefon klingt wie eine Mischung aus Batman und Micky Maus. Ich möge alleine, unbewaffnet, schwarz gekleidet und mit Sonnenbrille um 22:30 Uhr am Heinrichsdamm unten am Wasser Richtung Norden laufen. Es wäre wichtig. Nach etwas zehn Minuten Fußmarsch stülpte man mir von hinten auf Höhe der Kettenbrücke einen nach Süßholz riechenden Rupfensack über den Kopf, zerrte mich in einen nahegelegen Keller, fesselte mich an einen Stuhl und drohte mir, mich mit Bier aus Kulmbach zu vergiften, wenn ich die Inhalte des Berichts nicht öffentlich verarbeiten wurde. Nachdem ich auf Heinrich, Kunigunde und den heiligen Gabelmann geschworen hatte, steckte man mich in den Kofferraum eines Kleinwagens und warf mich – samt Bericht – an die Schlachthofmauer.
Den Rest der Geschichte kennt ihr. Fortsetzung folgt.
mins
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