Das Bamberger Arbeitszeitgesetz

Ich hab gedacht, ich hab mich heute verhört. Informationen städtischer Mitarbeiter nach leisten Premiumangestellte unserer Stadtverwaltung locker auch mal 80 bis 85 Überstunden. Nicht im Jahr, sondern im Monat. Und weil dann ja alles viel einfacher ist, erhalten Sie dafür die öffentlich kritisierten Überstundenpauschalen. Klingt ja voll logisch.

Ich bin mir nicht sicher, ob man dieses Interview auch im für Bamberg zuständigen Gewerbeaufsichtamt in Coburg gehört hat. Wenn ja, haben die sich dort sich wahrscheinlich vor Schreck das dicke Buch mit dem Arbeitszeitgesetz auf den Fuß fallen lassen.

Wahrscheinlich haben die beiden Interviewten der Stadt meine Ausführungen zum Schorschi vor ein paar Tagen nicht gelesen, oder nicht verstanden. Deshalb noch mal mit Lupe auf diesen Sachverhalt. Da reichen ein paar Grundkenntnisse in Mathematik und das Leseverständnis eines Drittklässlers.

80 bis 85 Stunden auf vier Wochen ergibt? Richtig! Gut 20 Stunden pro Woche, können wir im Kopf, und das ergibt pro Tag (5-Tage-Woche): 4. Richtig! Schaltjahre lassen wir mal außen vor. Wir rechnen auch die rund 30 Tage Urlaub prozentual nicht rein, sonst wird’s noch heftiger. Premiummitarbeiter machen eh keinen Urlaub.

Also! Mal davon ausgehend, dass die betroffenen Mitarbeiter nicht auf städtischen Bohrinseln irgendwelchen Offshore-Tätigkeiten nachgehen, weil dafür umfangreiche Ausnahmeregeln existieren, schauen wir mal in das Arbeitszeitgesetz. Das sieht maximal 8 Stunden Arbeit pro Tag vor. Mehr geht nicht. “DARF NICHT MEHR ALS 8 STUNDEN!” – Kann ich nix für, steht so im Gesetz. Man darf ab und zu mal auf 10 Stunden erweitern, ausnahmsweise, wenn zum Beispiel mal Stress im Rathaus ist. Aber das muss man flott wieder abfeiern. Im Durchschnitt immer 8! So stehts geschrieben, ohne weiteres Wenn und Aber. Arbeitszeitgesetz. Könnt ihr googlen, Paragraph 3.

Bei einem 39-Wochenstunden-Standard-Job kommt der Premiummitarbeiter des Vertrauens auf rund 8 Stunden am Tag, dazu die oben genannten 4, kommt er auf? – Richtig! Ungefähr 12. – Und diesen Aufschlag hat man mit einer Pauschale abgegolten, also defacto einen Arbeitsvertrag am Personalrat vorbei über 60 Wochenstunden abgeschlossen. Pro Tag: 4 mehr als zulässig, 2 mehr als die absolute Ausnahme, aber das ganze als feste Regel.

Egal ob die Mitarbeiter das wirklich gearbeitet haben oder nicht, es klingt für mich nach einer arg freien Interpretation eines bestehenden Gesetzes. (Spoiler für eine Pressemitteilung ausm Rathaus in den nächsten Tagen: “Oh, war uns nicht bewusst!” – Aber das ist ein anderes Thema.)

Auf was anderes möchte ich trotzdem noch eingehen: Es ist unterirdisch, das kann man in aller Deutlichkeit sagen, Mitarbeiter der Müllabfuhr für das Verhalten der oberen Rathausebenen verantwortlich zu machen, während man ihnen eigentlich den Rücken stärken müsste. Städtische Mitarbeiter, die an Weihnachten schon überlegen müssen, ob sie ein einfaches Danke annehmen dürfen, ohne wegen geringfügiger Zuwendung eine auf den Deckel zu bekommen, haben damit nix zu tun, trotz allem Unmuts, der da aktuell aufkommt.

Schuld an der rasanten Entwicklung des Unmuts ist die Stadtspitze selbst, die – seit öffentlichem Bekanntwerden eines wohl existierenden Berichts im November (ich wiederhole: November) – bisher nichts dazu beigetragen hat, um aufzuklären. Verantwortlich dafür ist aber auch der Stadtrat, der Verantwortung für die Stadt und städtische, unbeteiligte Mitarbeiter übernehmen müsste, und zwar nicht mal irgendwann Ende des Monats. Und dann halt noch mal eine Woche drauf. Und dann noch mal irgendwann in vier Wochen. Sondern schon mit etwas Vollgas, weil das Rathaus brennt.

Vielleicht sollten da mal Fraktionen miteinander reden, die sich momentan mit Statements zur Geschäftsordnung und Gegendarstellungen und Gegendarstellungen zu Gegendarstellungen zu beschäftigen. Ja, moralischer Zeigefinger, kann ich auch. Reißt euch zusammen!

Und wenn’s alles so einfach erklärbar ist, dann kann man es gefälligst einfach erklären, dann brauch ich keinen Rechnungsprüfungsausschuss. Dann brauch ich keine Staatsanwaltschaft. Und keine Regierung von Oberfranken. Dann kann ich mir die Schreiberei sparen. Erklärts endlich. Fundiert.

Aber erklärt mir das bitte nicht mit einem gleichzeitigen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz.

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