Wo ist Jonas?

Ich war schon kurz davor, eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Während sich aktuell ja alles auf _unseren_ (!) Oberbürgermeister konzentriert, wie die beiden Personalräte im Radiointerview mehrfach (mit Herzchen und viel Liebe) betonten, der unschuldig wie ein Goldhamster als Hau-den-Lukas im Finanzskandal herhalten muss, hab ich mir ein wenig Sorgen um unseren zweiten Bürgermeister gemacht. Wenn er nicht heute auf einem Pressefoto beim Maskenverteilen gesichtet worden wäre, hätte ich morgen angefangen, im Rathauskeller nach ihm zu suchen, nicht dass er da gefesselt und geknebelt auf einem Stuhl sitzt, um nicht – zwei Stockwerke darüber – am Chefsessel zu sägen.

Heute ist dafür aber seine grüne Fraktion in einer selbstbewussten Pressemitteilung in Erscheinung getreten, wie man sie sonst nur von der Eröffnung von Lastenfahrradparkplätzen kennt. Fast “GALesk” (was für eine Wortschöpfung) und ein wenig wie in alten Zeiten fordern sie nicht nur Aufklärung, sondern gefälligst den ungeschwärzten Bericht. “Wo kommer denn noh, wenn der Effdee mehr waaß als wie mir”, so die freie Interpretation ihrer Verlautbarung.

Auch wenn das Statement ein wenig beleidigt wirkt, haben sie ja Recht. Und wir – da schließ ich mal die Kollegen von FT, BR, SZ und NN mal mit in mein Gebet ein – haben ihnen inzwischen ja auch oft genug erklärt, wie wichtig ein ungeschwärzter Bericht für sie zur Aufklärung wäre. In der FSK0-Variante ist das Papier nur einen Bruchteil wert. Das ist wie mit Wetten-dass-Brille auf der Reeperbahn, kannst dir sparen. Genauso wie den Gang in das durch schwer bewaffnete Security gesicherte Zimmer im Rechnungsprüfungsamt, wo der Light-Bericht des kommunalen Prüfungsverbands ausliegt.

Ob man es aussitzen muss, wie die beiden Personalräte im Interview beteuern, oder aussitzen kann, was wohl auch die Hoffnung einiger Rathausspitzen gewesen wäre, da hab ich berechtigte Zweifel. Man muss der Stadt, auch allen Mitarbeitern in der Verwaltung, den Gefallen tun – Ne. Man hat Pflicht – mit oberster Priorität aufzuklären und keine Verzögerungen zu dulden.

Eins ist nämlich auch klar: Bis heute wäre noch nichts passiert, wäre der Bericht nicht zur Presse gekommen. Kein Piep in der Öffentlichkeit, irgendwann demnächst ein Rechnungsprüfungsaussschuss mit den übrigen Plätzchen von Weihnachten. Eher gemütlich, möglicherweise nur mit Schwurbelantworten. Vielleicht auch keine Sitzung, weil Pandemie und “machen wir im Frühjahr”. Und dann ist Sandkerwa und Sommer. Dann wäre es wahrscheinlich auch ungünstig gewesen. Und dann wird’s Herbst….
Und irgendwann hätten wir wahrscheinlich eine Vermisstenanzeige für den Bericht aufgeben müssen.

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