Nicht-Beförderungsnachwehen

Hey, Andi!

Ganz ehrlich! Mich strengt es auch an. Fast jeden Tag kommt mir irgendeiner um die Ecke mit wieder neuen und wieder brisanten Informationen aus deinem Rathaus. Mal mehr, mal weniger interessant. Das war im Winter zum Corona-Lockdown ganz nett. Aber jetzt, wo es nauswärts geht, da mag ich mich auch mal in meinen Garten stellen und Makrelen grillen statt Oberbürgermeister samt Premiumapparat. Inzwischen hab ich wahrscheinlich mehr Zeit mit geheimen Unterlagen aus deiner Schreibtischschublade verbracht, als der standardmäßige Diplom-Verwaltungswirt vor der Abschlussprüfung in Lernaufwand investiert.

Jedes Mal, wenn wieder mal Unterlagen aus deinem Giftschrank durchgestochen werden und ich des Nachts mit meinen Beiträgen “Fackeln und Mistgabeln aushändige”, wie man mir heute vorgeworfen hat, damit am nächsten Morgen – wie heute wieder mal – das Rathaus Kopf steht, rufen du und deine Getreuen bei der Staatsanwaltschaft an und fordern, den Whistleblower zu jagen wie die Rehe damals auf dem ERBA-Gelände. Ich bin mir auch bewusst: Im 18. Jahrhundert wäre ich schon mitten am Maxplatz tagelang kopfüber an ein Seil gehängt worden, bis mir die Quellen unten nur so raussprudeln wie vergorenes, warmes Fassbier aus Kulmbach.

Aber sind die Whistleblower, die ihr reflexartig verurteilt, wirklich das Problem? Könnt ihr wirklich nimmer richtig vertrauensvoll zusammenarbeiten, weil euch ständig irgendjemand von außen (also ich) bei euren Plänen dazwischenfunkt?

Es wäre gestern doch ganz einfach gewesen: Ihr hättet euch breitbeinig und souverän hinstellen können und sagen “Jo! Beförderung! Ist richtig! Des machmer! Der Mann ist top! Wer ist dafür? Handzeichen!” – Stattdessen lasst ihr euch die Tagesordnung von einem dahergelaufenen Kleinstadtkabarettisten verhageln und nehmt den Beschluss zu TOP39 lieber spontan runter. Ist die Begründung zu dieser atypischen Rubbeldibubbs-Beförderung wirklich so wackelig zusammenkonstruiert worden wie die Merkelsche Osterruhe, so dass man lieber noch mal für eine zweite Lesung drüber korrigiert statt sich eine Klatsche in der Abstimmung einzufangen?

Was machen wir? Verzicht ich künftig drauf, mich nachts mit dunklen Gestalten hinter der Bratwuschtbude am Maxplatz zu treffen? Dann hätten wir vielleicht nie was vom BKPV-Bericht erfahren. Oder verzicht ich aufs Angeln? Dann hätte ich nie die Flaschenpost (verkorkte Schlenkerlaflasche) an der Leine gehabt, mit dem Brief drin, der mir das mit diesen verzwickten Eilverfügungen erklärt. Weißt schon! Die Eilverfügungen, die total zufällig rückwirkend auf das selbe Datum fielen, an dem die Zulagen gestrichen wurden. Wir hätten nie was erfahren von dem Typi mit den 5 Trilliarden Überstunden. Wir hätten nie erfahren, welcher Referent welche Mitarbeiter am liebsten hat.

Ich bin echt ratlos. Informier ich dich drüber, bevor ich was schreib, was sie dir dann früh morgens ausgedruckt direkt auf den Schreibtisch legen, damit du erstmal drüberschaust und einen deiner Besten eine Rechtsauffassung zusammenschustern lässt?

Vielleicht sind auch gar nicht die Whistleblower das Problem. Denn wäre es nicht das Einfachste, ihr arbeitet so anständig, dass ich einfach nix mehr bekomm und find? Das wäre doch das Allerallerbeste und wir könnten uns diese Whistlebloweralbernheiten sparen. Und Bier trinken. Und Makrelen grillen!

Dein Flo (Kommunikations- und Whistleblowerexperte)

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