Bamberger Fake Fact?

Über manche Dinge stolpert man, schreibt was zusammen, klickt auf “Veröffentlichen!” und bläst es damit binnen Minuten ins digitale Weltgeschehen. Bei anderen Themen beobachtet und recherchiert man länger. Hier war es so. Die folgende Geschichte beginnt am 26. Januar. Um sie komplett zu verstehen, bedarf es eines kleinen Rückblicks:

Wir befinden uns in Bamberg noch irgendwo zwischen Weihnachtsgans und Schockstarre. Andi, unser Chefsachenchef, ruderte in einem Boot mit seiner Premiumrathausspitze seit Wochen gegen die Vorwürfe im durchgestochenen BKPV-Bericht, hatte Anfang Januar die freudige Botschaft eines Strafbefehls wegen eigenem Datenschutzvergehen im Zusammenhang mit dem Wahkampf auf den Schreibtisch gelegt bekommen und sah sich – ganz konkret am 25.1. – mit den ersten “Amtsruhenlassen-Aufforderungen” konfrontiert. Über alles hatte der FT, überhaupt die halbe Medienlandschaft Bayerns, berichtet, immer mit anschließend zickigem Echo aus der Ecke Bamberger SPD und von Bamberg Facts. Am 25. Januar titelte ich in Herrnlebens Überstunde noch “Die Stadtverwaltung und die Liebe zur Presse” und versuchte darin die Medienkritik Richtung Fränkischer Tag über einen Pressespiegel zu versachlichen. Aus welchem Eindruck heraus ich das Thema an genau diesem Tag bearbeitete, kann ich nicht mehr sagen. Aber es gab wohl einen.

Ein Tag später war nun eben jener 26. Januar, als zufällig und quasi zeitgleich zwei Facebookaccounts, gefolgt von einem weiteren am 27. Januar ins Bamberger Socialmediadasein stießen: Matthias Franken erwachte zu neuem Leben und bekam ein frisches Profilbild, die Herren Stefan Sandmann und zuletzt Timo Hausdörfer erblickten das zuckerbergsche Licht von Facebook. Aufmerksamen Socialmedianutzern fielen die drei Herren bald auf, brachten sie sich schnell auch kontrovers und engagiert in Diskussionen ein.

Beispiele gefällig?

Herr Hausdörfer, zum Beispiel, ganz neu in diesem Facebook, beteiligte sich unmittelbar nach seinem virtuellen Mitgliedsantrag beim Gesichtsbuch e.V. an einer Diskussion auf der Seite von Bambergs Highqualityplattform Bamberg Facts unter dem Titel “FT weiter im Niedergang”. Klar, wo sonst spricht Bambergs Elite!

Am 9. Februar tritt Matthias Franken in Erscheinung. Auf der Facebookseite von Klaus Stieringer, SPD-Fraktionschef, greift er ein wenig unvermittelt eine Mitdiskutantin an und bezeichnet ihre “Stieringer-unkonforme” Meinung als “Trolling”.

Am 21. Februar stellte die SPD einen Antrag auf maskenfreie Bamberger Innenstadt. “Sonst kein Fan der SPD, findet sie hier aber […] volle Unterstützung”, konstatiert der Dritte im Bunde, Herr Sandmann, angeblich Lektor, leider wahrscheinlich nicht so erfolgreich wegen kleiner Rechtschreibschwäche, laut eigenen Angaben aufgewachsen und Studium in München. Tags drauf, als auf Bamberg Fox noch der Originalantrag der SPD gepostet wird, legt der angebliche Neubamberger argumentativ nach.

Im April fielen alle drei erstmals gemeinsam öffentlich groß auf, als unser einzig wirklich neutrales Medium “Bamberg Fakes” zum wiederholten Mal einen subtilen Abgesang auf den FT abfeuerte. Während Stefan Sandmann in den Raum stellt, dass dem FT alles erlaubt zu sein scheint, solange es OB und Stadtspitze schadet, fordert Matthias Franken (Damen aufgepasst: Single und Privatier, ehemaliger Oxford-Student der Psychologie) unumwunden, Wehner in den Ruhestand zu schicken. Beide Kommentare erhielten ein Like von? – Richtig! Timo Hausdörfer.

Im Juli liefen die drei zur Hochform auf. Nachdem die Presse über das Gutachten der Kanzlei Gleiss Lutz berichtete und Bamberg Fakes ein Interview mit Heinz Kuntke veröffentlichte, schraubten sich die drei Herren gegenseitig in Schnappatmung, schimpften in der Kommentarspalte auf den FT, fluchten und diskreditierten Mitarbeiter des FT und einen Personalrat der Stadt Bamberg.

Alle Auffälligkeiten kann ich hier nicht aufzählen, aber selbstredend und mindestens keine Überraschung dürfte sein, dass dieses Triumvirat der wahren Meinung auch wortgewaltig unserem SPD- Fraktionsfrontmann zur Seite sprang, als der mit seinem peinlichen Gartenteichfoto zur Hochwasserkatastrophe die Hände aus dem Fettnäpfchen streckte.

Ein bisschen süß fand ich im September, als Stefan Sandmann als einziger bei Bamberg Fox zur Wahl Stieringers in den Verband der Stadtmarketingchefs gratulierte. Das wollt ich damals fast schon mitleidig liken.

Auf ihren eigenen Profilseiten teilen und verbreiten die drei Herren wenig: Mal was von Bamberg Fakes, mal was von einem Rhetoriktrainer (wessen bester Kumpel war der eigentlich noch mal?), auch mal was von Radio Bamberg und der umstrittenen Fanmeile. Man zieht lustige Vergleiche zwischen dem neuen FT-Logo und einer Nazi-Rune und beherzt und teilt sich natürlich auch gegenseitig. Irgendwie scheinen sich die drei zufällig Ende Januar gestrandeten Gestalten zu kennen, oder mindestens zu mögen. Außerhalb von Facebook handelt es sich um Phantome. Alle drei Namen existieren im übrigen Internet nicht.

Zugegeben, die Nummer konnte ich nicht allein recherchieren. Mein kleines Netzwerk sammelte kräftig mit. Immer wieder haben wir uns ungläubig und selbstzweifelnd gefragt: “Sind die drei echt Fake?!” – Fakeaccounts, anonyme Accounts. Klar, hat man mal gehört.. Aber dilettantische Lebensläufe, zeitgleiche “Geburt”, befreundet mit dem Who-is-who der Bamberger B-Prominenz und dem halben Stadtrat, thematische Fokussierung gegen die Presse mit einem Hauch von “Stay awake”….

“Ist hier in Bamberg jemand tatsächlich so dreist und versucht, auf diese Art Stimmungen zu erzeugen, wie man es sonst fast nur aus Russland kennt?”

Einfache Antwort: “Ja!” So sicher “Ja!”, dass ich Folgendes anzubieten wage: Wenn einer der drei Herren mit Personalausweis bei mir vorstellig wird, spende ich 1000 Euro an die AWO Bamberg. Und überreich das Geld dem Vorsitzenden persönlich.

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