Geheimnisverräter bleibt geheim.
Die Stimmung in manchen Räumen des Rathauses dürfte heute sehr ausgekühlt gewesen sein, und es lag nicht nur an der ausgefallenen Heizungsanlage im Rathaus am Maxplatz, wie man mir sagte.
Die Meldung machte seit gestern schnell die Runde: Die Ermittlungen gegen Unbekannt wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses a.k.a. Whistleblowing seien eingestellt, heißt es aus Hof von der Staatsanwaltschaft. Wir erinnern uns: Ein als Batman maskierter Unbekannter hatte Ende letzten Jahres den Prüfbericht des BKPV hinter der Würstelbude am Maxplatz an sensationsgeile Journalisten und geltungssüchtige Kleinstadtkabarettisten verteilt. Aber nicht nur dieses Leak beschäftigte die Kripobeamten. Auch das aus dem Rathaus hinausgeflatterte Sitzungsprotokoll der allerstarkesten (sic!) Geheimhaltungsstufe mit den eilverfügten Höhergruppierungen, die mutmaßlich eventuell wahrscheinlich mit den Streichungen der Pauschalen in Verbindung stehen könnten, war Gegenstand der Ermittlungen. Dazu noch zwei, drei weitere Verfahren. Ehrlich gesagt hatte ich bereits im Frühsommer den Überblick verloren über die kamikazeartig erstatteten Anzeigen. Es hatte gewissen Unterhaltungswert, dass es der im Fokus der Ermittlung stehenden Rathausoberschicht offensichtlich vorrangig weniger um Aufklärung, als viel mehr um die Strafverfolgung wegen Hochverrat ging. Panisch versuchte man mit Anzeigen wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen einer Situation Herr zu werden, die längst Eigendynamik entwickelt hatte. Tragt mal einen Liter Wasser mit einem Nudelsieb über den Maxplatz. So oder ähnlich dürfte sich Andi zu der Zeit gefühlt haben.
Ja, Sorry. Normalerweise verbietet sich jegliche Häme bei erfolglosen Ermittlungsverfahren in Strafsachen, aber beim Whistleblowing ist das anders. Und vor unserer Haustür erstrecht. Whistleblower genießen in unserer Gesellschaft traditionell einen besseren Ruf als Politiker. Warum?
Da ist das Kaffeekränzchen des Stadtrats, auch genannt Ältestenrat. Der Club der Allergemütlichsten akzeptierte widerspruchslos die erste Strafanzeige zum durchgestochenen BKPV-Bericht. Die CSU so “Mir konndn net dägächer sei, wall sonst maaant ja jeder, dess mir aaah Dreck am Steggn häddn.”, die Grünen so: “Mimimi! Wecher dem Whistleblower waaaß der Herrnleehm mehr als wie mir! Dess gädd net!”, Brünker von Volt: “Mir ging des zer schnell, ich hob nix kapiert! War aus Versehen net dägecher! Ehrlich!”, der Rest so: “Hä?” und die SPD: “Jawohl! Anzeige! Wir müssen unseren Rechtsstaat verteidigen! Der Whistleblower gehört in den Turm der Altenburg gesperrt! Das darf nicht sein, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt, nur weil ein Whistleblower einen Stapel Papier rausschleppt! Keine Leistung ohne Gegen-ihrwisstschon! Einzelfälle!”
Bamberg Facts feierte jede Anzeige großbuchstabig, man überlegte und diskutierte dort öffentlich über das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten und Kabarettisten, Stieringer sah sich schon persönlich strafvollziehend mit Peitsche auf der Bühne am Maxplatz, die er extra hat errichten lassen, um ein Exempel zu statuieren vor seinem versammelten Bamberg, während sich die Bayern-SPD – peinlich berührt wirkend – lieber nicht dazu äußern wollte, wie man als Partei eigentlich zu Whistleblowern steht.
Und nun? Nix wars. Nach einem knappen Jahr: Schicht im Schacht. Klappe zu. Ermittlungen eingestellt. Flasche Whisky auf, hoch das Glas! Zusammengefasst in meinen Worten: Whistleblower arbeiten offensichtlich besser und gründlicher als so mancher in den Fokus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlung geratene Rathauspremium.
Und vor allem besser als heute die Heizung im Rathaus am Maxplatz.
mins
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