Doppelte Satzung: Nicht kleiner und nicht feiner Unterschied

Wer dieser Tage in Bamberg etwas von Zweckentfremdung hört, denkt unweigerlich an die Untere Brücke, die als hässlicher, kleiner Stiefbruder der Oberen Brücke inzwischen die Stadtgesellschaft nicht mehr – wie es sich für eine anständige Brücke gehört – verbindet, sondern spaltet, weil sie erst zu einem überdimensionalen Expektorierbecken und nun notgedrungen zum Biergarten entfremdet wurde. Aber. (Hihi!) Ihr ahnt es bereits: Es geht um Wohnraum und dazugehörige Zweckentfremdungssatzung, die im Herbst bereits zu unrühmlicher Bekanntheit gelangte, weil man bei ihr weniger akribisch bei der Ausfertigung per Unterschrift war als beispielsweise… hm… beispielsweise… bei der Anordnung von pauschalen Überstunden.

Ich wurde seit meiner Thematisierung vergangene Woche gefragt, warum es die Richter denn so genau wissen müssen, dass sie sich sogar das sogenannte Originalbeschlussbuch vorbeibringen lassen wollen, um lieber selbst reinzuschauen. Nun, kurz zur Vorgeschichte: Die erste Fassung der Zweckentfremdungssatzung von Wohnraum von 2019 flog der Stadt Bamberg vor dem Verwaltungsgerichtshof im Herbst 2021 um die Ohren, denn es fehlte ja die Unterschrift des OB. Weil man den Prozessausgang im Rathaus vielleicht erahnte, versuchte man Ende 2020 vorsorglich, alles schnell richtig zu machen, und fertigte die Zweckentfremdungssatzung ein zweites Mal aus, wahrscheinlich diesmal mit Unterschrift, und veröffentlichte sie brav im Rathausjournal.

Aber irgendetwas scheint da (überraschenderweise!) bei unserer sonst so prämierten Verwaltung nicht ganz korrekt gelaufen zu sein. Aber was? – Während sich die höchsten Bayerischen Verwaltungsrichter sämtliche Beschlüsse aus 2020 im Original (ich muss immer noch grinsen, weil jemand aus dem Rathaus nun im großen Kombi voll sauber getackerter und unterschriebener Protokolle wohl echt nach München fahren muss) auf den Schreibtisch legen lassen können, um zu schauen, ob und was der Stadtrat da wohl wie genau beschlossen hat und was ausgefertigt wurde, muss der Kleinstadtkabarettist selbst auf die Suche im Allris gehen. Gefunden hab ich tatsächlich zwei Versionen unserer Zweckentfremdungssatzung, die ich dank der Vorarbeit im richterlichen Beschluss gut nebeneinander legen konnte.

Wer sich nun nach grober Draufsicht fragt, welche der beiden Versionen wohl gilt, wie lange sie wohl gilt, welche ab 2019, welche von 2020 bis zum ersten Richterspruch, welche danach, welche der beiden Versionen vom Stadtrat wann beschlossen wurde, welche dann ausgefertigt und welche unterschrieben wurde, der hat verstanden, warum diese Kleinigkeit mit dieser Unterschrift dieses Oberbürgermeisters und dieser sauberen Ausfertigung von Satzungen und Bebauungsplänen für diese sogenannte Rechtssicherheit so wichtig ist.

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