Zweckentfremdungssatzung endgültig in der blauen Tonne
Das Urteil vom Verwaltungsgerichtshof mit Sitz in München liegt vor: Die Zweckentfremdungssatzung ist Geschichte, wohlgemerkt eine lustige wie peinliche. Sinnbildlich stolperte das Baureferat mit seinen Juristen zwei Jahre lang durch die Schlaglöcher verwaltungsrechtlicher Satzungspeinlichkeiten: Drei Fassungen, zwei gleichzeitig erlassen, eine nicht unterschrieben. Prozesse vor dem VG Bayreuth, Normenkontrollklagen in München. Der dort ansässige Verwaltungsgerichtshof hatte nun Mitleid, erklärt der Stadt lang und breit, was alles falsch gelaufen ist und versucht, weitere Versuche der Stadt in Richtung Zweckentfremdungssatzung zu verhindern. Schade. Hätte lustig werden können…
Wir haben in den letzten Monaten viel erlebt. Fast bin ich geneigt zu sagen, dass der gemeine Bamberger inzwischen ein wenig Mitleid bekommt mit der Stadtverwaltung, den Rathausoberen und den Ratsherrinnen und -damen, die wir in den städtischen Gremien gewählt haben. Gerade einmal zwei Jahre, oder wie man hier inzwischen sagt, zwei Rathausdurchsuchungen sind vergangen seit der letzten Wahl, und wir blicken bereits auf einen schwebenden Boniskandal voll undurchsichtiger Zahlungen an Lieblingsprämienpremiums und einen Fakeaccountskandal samt über Bord gegangenem Wertekompass allseits bekannter Fakeaccountspezialisten zurück. Schwerkostige Juristerei sozusagen auf der einen Seite, moralisch unterirdische Socialmedia-Dreckschleudern dementsprechend auf der anderen. Aber auch die dritte Sparte möchte durch die Stadtverwaltung gebührlich bedient werden. Zuständig für Pleiten, Pech und Pannen: Das Baureferat.
Seit rund drei Jahren versuchen mutmaßlich städtische Jurapraktikanten nun, die sogenannte Zweckentfremdungssatzung rechtskräftig zu erlassen. Der Wohnungsmarkt sei angespannt, hieß es. Man wollte der Zweckentfremdung von Wohnraum entgegenwirken. Keine Ferienwohnung mehr, ohne dass die Stadt einen Stempel draufmacht. Der Stadtrat hatte die Satzung im Frühsommer 2019 beschlossen. So sei es also!
Weil dann Ende 2020, nachdem man eineinhalb Jahre mit der Satzung angegeben hatte, auffiel, dass man wohl vergessen hatte, die Blätter Papier mit der heiligen Schrift, die so wichtig zu sein schien für den Wohnungsmarkt der Stadt, anständig zusammenzutackern und vom OB unterschreiben zu lassen, druckte man sie schnell ein zweites Mal aus, ließ den OB unterschreiben, veröffentlichte sie im Rathausjournal und war für einige Wochen frohgemut, alles richtig gemacht zu haben. Da schien es fast schon egal, dass die obersten Richter zwischenzeitlich die erste Version der Satzung mangels Unterschrift zu Altpapier erklärten. Man wedelte ja schon fleißig mit zweiten Fassung fest im Glauben, dass ein sauberer Ausdruck und die Unterschrift vom OB ja reicht.
Tjo. Es kam nun, wie es kommen musste; also das Urteil aus München. Auch die zweite Satzung ist nicht rechtskräftig oder anders gesagt: unwirksam. Ich fass euch die knapp 20 Seiten Urteil mal grob zusammen: „Ey, Stadt Bamberg. Himmel! Wir leben in einem Rechtsstaat, so geht das nicht!“ – Das Urteil liest sich wie ein Handout im Jura-Grundstudium. Es geht um per Grundgesetz zugesicherte Rechte von Wohnungseigentümern, die missachtet wurden, es geht um grundgesetzlich geschützte Eigentumsfreiheit und verfassungsrechtliche Anforderungen, die man zwar als Sonnenkönig, nicht aber als Stadtverwaltung ignorieren darf. Rechtsstaatsprinzip, Garantie effektiven und grundgesetzlich verbürgten Rechtsschutzes, keine willkürlich scheinenden, hoheitlichen Anordnungen, nicht erst erlassen und nachträglich begründen… Die Richter lassen keinen Zweifel daran, dass die überzogene Laufzeit und die parallele Gültigkeit von zwei Satzungen nur die Spitze des dilettantischen Eisbergs sind, der ab Montag wohl für frostige Stimmung im Baureferat sorgt.
Andererseits! Dann ist das Bier schön kühl, um das ich mit dem Baureferenten mit Blick auf die Gültigkeit der Zweckentfremdungssatzung gewettet hab, nachdem er seine eigene Rechtsauffassung dargelegt hatte…. Herr Beese, also Thomas, alter Baureferent! Wie machen wir’s?
mins
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