Ein Zeichen der Ungeschlossenheit

Ich habe gelernt: Wenn Politiker egal welcher Partei zu oft die große Geschlossenheit betonen und alle zum Blick in die Zukunft aufrufen, muss der gemeine Kleinstadtkabarettist hellhörig werden. Kaum eine Lobeshymne zum Abschied von Felix Holland, keine Bewerbungsrede der ehemaligen Möchtegern- und nun teilweise tatsächlichen Kreisvorsitzenden bediente sich nicht dieser beiden Floskeln aus dem Handbuch „Der kleine Politiker“. Richtig! – Ich wollte euch noch vom Parteitag des Kreisverbands erzählen…

Der Hitze in grünen Harmoniesaal nach hätte es auch der Vorhof zur roten Hölle sein können, den ich am vergangenen Mittwoch um halb 7 zum Jahreskongress des SPD-Kreisverbands Bamberg-Stadt betrat. Oder besser: Wo ich mit Verspätung hineinrumpelte, weil sich mir die Tür, diese sauschwere Tür zum Saal, mit aller Kraft entgegenstemmte als wollte eine geheime Macht meinen Zutritt verhindern. Letztendlich vergeblich, denn ich kam rein. Aber durch den Kampf mit der Pforte hatte nahezu jeder der rund 50 Delegierten im Saal mitbekommen, dass da ihr Lieblingskleinstadtkabarettist zu spät in den Saal gestolpert war, noch bevor ich mich heimlich, still und leise auf den mir zugewiesenen Presseplatz neben den in SPD-Kreisen ähnlich beliebten FT-Redakteur setzen konnte. Immerhin: Wir saßen direkt neben dem Bier. Die Blicke des gefühlt halben Saals in meine Richtung – zur Hälfte liebes-, zur anderen Hälfte hasserfüllt – wendeten sich gerade wieder dem aktuellen Redner Felix Holland zu, als der von den Highlights seiner Kreisvorstandsära referierte. Mich freute es tatsächlich sehr, dass Felix die politischen Aschermittwochsveranstaltungen in Wildensorg erwähnte. Leider ging er nur nicht auf 2019 ein, wo man mich versehentlich und vielleicht ein wenig in kultureller Unkenntnis als Redner gebucht hatte. Klausi blieb damals schon fern, Andis Brüller ins Telefon hallt bis heute durch die langen Gänge am Maxplatz. War trotzdem schön, seither fühl ich mich den Genossen noch ein wenig mehr verbunden.

Bei den Reden des Fraktions- sowie des Rathauschefs war ich irritiert und dachte, ich wäre im falschen Film: „Schwierige Zeit liegt hinter uns“, aber „nicht gespalten“, nun „im ruhigen Fahrwasser“ und froh, dass das „Theater ein Ende hat“. Gut, dass Journalist Schanz neben mir saß. Ich ließ mich kurz von ihm hinsichtlich Überstundenskandal und Fakegate auf den aktuellen Stand bringen und stellte fest: „Ne! Ich bin nicht der lokalpolitische Geisterfahrer hier!“ – Immerhin war Starke der Einzige, der am Mikrofon zwar nicht meinen, dafür aber den anderen verbotenen Namen „Stieringer“ in den Mund nahm, der der Bamberger SPD mit Hilfe seiner „guten Bekannten“ Sandmann, Franken und Hausdörfer gar so viel bundesweite Bekanntheit beschert hatte.

Die viel beschworene Geschlossenheit von solchen Versammlungen beweist sich von allein dann aber traditionell bei Wahlen, am besten bei den schriftlich-geheimen. Und angesichts mehrerer im Vorfeld durchgestochener Briefe und e-Mails aus dem parteiinternen Wahlkampf wusste ich: Der Giftschrank mit BKPV-Berichten im Rathaus ist geschlossener als die Bamberger SPD. Dass es bei der Wahl um die Kreisvorsitzenden mehrere Kandidaten aus unterschiedlichen, natürlich in sich sehr geschlossenen Lagern geben würde, war bekannt. Aber selbst als es um den hinterletzten Kassenrevisor ging, stürzte man sich in eine schriftliche Kampfabstimmung, um – jajaja, genau – die Geschlossenheit des Kreisverbands zu signalisieren. Und ähnlich geschlossen bei den anderen Wahlen: 20 zu 21 als es um die Reihenfolge bei der Wahl der Doppelspitzen ging. 24 zu 20 Stimmen für Vorsitzende Jutzler, 23 Stimmen für Vorsitzenden Seifert zu 21 „Ungültig/Enthaltung/Nein“. Man rangelte um die Stellvertreterposten, düpierte den langjährigen Kassier mit einem überraschenden Gegenkandidaten und tauschte ihn kurzerhand aus.

Apropos Geschlossenheit: Zum Glück öffnete wenigstens jemand gegen Ende der Versammlung sehr symbolträchtig ein Fenster des grünen Harmoniesaals, um frische Luft reinzulassen. Das hat die Bamberger SPD nach den letzten Monaten mit dem Führungspersonal in Fraktion und Partei dringend nötig.

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