Ey, Klaus! – Ein Brief.

Die Kontaktaufnahme mit ihm gestaltete sich in den letzten Monaten – die federführenden Kollegen der verhassten Lokalpresse können es wohl bestätigen – eher schwierig. Deshalb greif ich zu einem Mittel, das meinerseits bisher nur dem Oberbürgermeister vorbehalten war. Was für eine Wertschätzung! Ein persönlicher Brief!

Ey, Klaus!

Ich kann es mir schon irgendwie auch vorstellen, wie dir am Samstagmorgen des 20. November 2021 vor Schreck das Aufbackhörnla ins Whiskyglas (vom Vorabend natürlich) gefallen ist beim ersten Blick aufs Smartphone. 37 Anrufe in Abwesenheit, ähnlich viele Nachrichten. Großbuchstabiges „SCHEISSE, SCHEISSE, SCHEISSE!“ vom einen, „Macht euch nicht ins Hemd!“ vom anderen in der Whatsapp-Gruppe mit dem schönen Namen „Gute Bekannte“.

Eure Fakeaccounts waren aufgeflogen. Im von den meisten Politikern der Stadt nicht allzu ernstgenommenen Maxplatz-Blog des Kleinstadtkabarettisten mit einem Faible für Penetranz war ein Artikel über die inzwischen mehr als nur stadtweit bekannten Pappkameraden Stefan Sandmann, Matthias Franken und Timo Hausdörfer erschienen. 1000 Euro hatte ich damals noch gewettet, wenn einer der Halunken persönlich bei mir vorstellig werden würde. „Bist du dir sicher, dass das Fakeaccounts sind?!?“ war die meistgestellte Frage an diesem Wochenende direkt gefolgt von “Wer macht denn sowas?!”

Aus dem Nähkästchen geplaudert unter uns: Natürlich war ich mir sicher. Bin ja nicht blöd und wette leichtsinnig 1000 Euro. Dafür muss ein Kasperlspieler nämlich oft kasperln!

Matthias Franken war sofort im digitalen Outback verschwunden (Wir wissen auch, warum, gell? *zwinkersmiley*), die anderen beiden wollten nicht so schnell die Biege machen, weil es ja einem Geständnis gleichgekommen wäre. Außerdem! Wegen so eines Kleinstadtkabarettisten löscht man ja auch nicht gleich ein über Monate hinweg fleißig angelegtes Facebook-Tamagotchi, das man mühsam mit Freunden und kreativ mit erfundener Vita gefüttert hatte. Nicht mal der erste, große FT-Beitrag ließ da offensichtlich bei euch Zweifel aufkommen, ob digitale Sterbehilfe nicht sinnvoll sein könnte. Erst mit der Ausstrahlung von “quer” verschwanden der Lektor mit Rechtschreibschwäche Sandmann und der Möchtegernjournalist Hausdörfer für immer im Papierkorb von Mark Zuckerberg.

Der Rest der Geschichte zog sich zwar, ist aber schnell erzählt: Du stolpertest erst den Jungs von “quer” etwas unbeholfen ins Mikrofon, wofür dich sogar die SZ mit dem Preis für den dämlichsten Satz des Jahres adelte. Dann hast wochenlang zum Nachdenken gemüllert, deinem Genossen in Zusammenarbeit mit deinem Propagandamagazin BambergFacts als Retourkutsche eine AfD-Kuschelei unterzujubeln versucht (#niemalsmitderafd, gell, Jenny!), den Fraktionsvorsitz wieder aufgenommen, dann doch abgegeben und dabei die Rathauskoalition mit Grün gegrillt. KOSTENLOS!!!11!! dank EINTRITT FREI!!1!!!1 durftest du samt halb Bamberg teilnehmen an meinem kleinen Telekolleg mit Frau Dr. Thormann, die einzige öffentlich bestellte und vereidigte forensische Linguistin, die sich schon – sagen wir es diplomatisch – recht sicher ist, dass Sandmann und du, also dass ihr euch sehr gut bis sehr, sehr gut kennt. Auf dem Thema war Druck wie aufm geschüttelten 10er-Fässla bei 30 Grad.

Ein paar Anwaltsbriefe aus Gotha, eine Neuwahl des Kreisvorstands und paar Nürnberger Rostbratwürste aus Hamburg später war’s das dann endgültig mit deiner Karriere in Fraktion und SPD, die du ja aber locker woanders fortsetzen könntest. Du bist parteitechnisch ja nicht so wählerisch. Ob du es tatsächlich kannst? Ich hab da zugegebenermaßen eine andere Demokratieauffassung.

Ein paar Punkte aus deinem schäbigen Interview (“Interview”), das leider bislang nirgends abgedruckt wurde, liegen mir aber noch auf dem Herzen. Wir sollten sie kurz noch abstimmen, damit du in Zukunft bitte vielleicht keine falschen Inhalte verbreitest in einer Version 3, falls du schon am Schreiben bist.

  • Da war nix von längerer Hand und schon gar nicht von einer geheimen Macht geplant, um dich zu beschädigen. Die Herren Merzbacher, Schwarz, Wehner und Schanz sind teils nachts noch, teils morgens ebenso erschrocken wie du, als sie meinen Artikel gelesen haben. Die wussten alle von nix.
  • Nachwuchsbürgermeister Merzbacher hat zu nullkommanull dafür gesorgt, dass “quer” nach Bamberg kommt, damit du da ins Mikrofon stolpern kannst. Würde er das behaupten, entspräche das nicht der Wahrheit. Wie stellst dir das vor? Ein Gundelsheimer Dorfbürgermeister der SPD ruft beim BR in München an und sagt: “Öh! Ich hab da eine Idee”?!?
  • Dann dieses dauernde Gejammer von „Es wurde viel Zeit und Geld investiert, um genug Informationen über dich zu sammeln”….
    Horch! Recherchen kosten Zeit, Zeit kostet Geld. „Investiert“ wurde hier aber schlichtweg nur von drei Helfern und mir, indem über Monate Informationen über die Fakeaccounts gesammelt wurden, zunächst ohne zu wissen, wer dahinter steckt. Aber Geld wurde nicht investiert, nicht mal von der SPD. Nicht mal ein Leberkäsbrötla hat mir der Merzbacher bisher ausgegeben. So viel bist denen wert. Auf der SPD-Kreisversammlung hab ich mir dann aber selbst ein Bier auf SPD-Kosten spendiert.
  • Und zuletzt: Die besagten Fakeaccounts dienten nicht der Anonymität, sondern der Meinungsmanipulation und -multiplikation. Sandmann, die Frankens und Hausdörfer bejubelten dich, die SPD und BambergFacts und diskreditierten die Presse. Sie wurden von – ach, komm, lassen wir’s – dir und deinen „guten Bekannten“, die auch parallel unter Klarnamen aktiv bei Facebook sind, angelegt, um die eigene Meinung zu multiplizieren und das Meinungsbild zu beeinflussen und zu verzerren. Von Beginn an wird bewusst Verwirrung zwischen gewünschter und teils auch notwendiger Anonymität im Internet und Fakeaccounts gestiftet. Solche Fakeaccounts, wie sie im Einsatz waren, findet ein Demokrat eben nicht „okay“. Auch die SPD nicht.

So. Das wars vorerst. Die Zeit seit November war anstrengend. Es hat sich aber gelohnt, denn es ist wichtig, ein paar weitere windige Gestalten mit zweifelhaften Methoden und ohne Einsicht aus der öffentlichen Entscheidungs- und Einflussebene ins politische Abseits geschoben zu haben. Dass so wenig Ehrlichkeit herrscht, mit der das Thema bereits im Dezember hätte von dir abgeräumt werden können („Ja, Mist gebaut, ich erklärs euch, Sorry!“), irritiert mich bis heute, größter Socialmediamarketingpolitikerberatungsexperte aller Zeiten. Eventuell war es nicht anders zu erwarten. Der Rest wird nun politisch geklärt.

Es ist kein schönes und kein ehrliches, aber es ist zumindest eine Art vorläufiges Ende des eigentlichen Fakeaccountskandals, den ich am 19. November 2021 losgetreten hab. Mir langt’s! Für den Moment.

Dein Flo

P.S.: Grüße an Timo Hausdörfer!

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