Schadensersatz in Millionenhöhe droht

Knapp zwei Wochen nach der 8. Bamberger Fastenpredigt wird es nun langsam Zeit, aus der Eistonne zu klettern, um sich wieder dem hiesigen Alltagsgeschehen widmen zu können. Niemand braucht glauben, dass sich in unserem Klein-Babylon kurzfristig und schon gar nicht durch die 2,5stündige Standpauke etwas ganz entscheidend geändert hätte und ich nun arbeitslos wäre. Aber da, man mag es kaum glauben, eine derartige Fastenpredigt doch auch gewisser Vorbereitung bedarf und ich parallel dazu auch noch den Ecto-1 eines namhaften Klemmbausteinherstellers zusammenstöpseln musste, blieben Dinge bei der Abarbeitung in Herrnlebens schrulliger Oneman-Show hier liegen. Wir machen in den nächsten Tagen ein Thema nach dem anderen…

Erstens! Ich sprach in der Fastenpredigt von möglichen Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe, einem Warmuth2.0 für die Rechtsauffassungsspezialisten am Maxplatz. Die meisten Stadträte waren bei diesem, meinem Nebensatz wahlweise geistig oder körperlich nicht anwesend, hatten sich gedanklich wie damals in der Schule bei der Integralrechnung auf Standby geschaltet und warteten lieber auf ihr nächstes Allinclusiveseidla. Zumindest zeigen das die eher sparsamen Rückfragen bei mir zu diesem Thema. Ich hatte die Hoffnung, dass spätestens gestern im Bausenat der Stadt Bamberg der eine oder andere Stadtrat beim Tagesordnungspunkt Ö3 hochschreckt. Aber “Ottostraße 13” ist halt auch nur eine Adresse im Betreff der Tagesordnung.

Im wahrsten Sinne des Wortes direkt hinter der Ottostraße 13 verbirgt sich die Schützenstraße 23, besser bekannt als Heroldhaus, baugenetisch und ästhetisch der kleine Bruder vom Rathaus am ZOB. Fast alle sind sich einig: Es wäre schön – auch wieder im wahrsten Sinne des Wortes -, wenn dieses abgebrochene Hochhaus aus dem Stadtbild des ansonsten so prächtigen Haingebiets verschwinden würde. Dafür riskiert man in der Premiumstadtverwaltung Kopf und Kragen. Und notfalls sogar den letzten Cent. In den vergangenen Tagen werden in der Presse groß Neubau vorne und Abriss hinten thematisiert. Doch hinter den Kulissen und abseits der Öffentlichkeit geht es bereits um Schadensersatzforderungen gegen die Stadt Bamberg in Millionenhöhe. Warum?

Mit großer Dankbarkeit schauen Teile des Haingebiets bis heute in Richtung OB Starke. Heldenhaft hat er vor einigen Jahren die Beherbergung einer Moschee im Heroldshaus durch kleine Hütchenspiele durch die Stadtteile verhindert. Wir erinnern uns an die Eskalation in Bambergs nicht so privilegierten Norden. Eine Moschee, die aber – das sollte man wissen – nur deshalb im Heroldhaus ansiedeln sollte, weil die Ratsherrinnen und -damen vorher die Nutzung des Heroldhauses als Hotel und mit Stadtappartments mit allen Mitteln verhindern wollten.

Statt aber nun rechtlich weniger grenzwertige Mittel und Wege zu beschreiten, beschloss sich die Rechtsauffassungsabteilung samt der stadträtlichen Bauspezialisten aber, hopplahopp und nicht im letzten Moment, sondern bereits kurz danach, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten und eine Veränderungssperre zu fassen.

FunFact am Rande: Bitter, dass diese Veränderungssperre in keinerlei Hinsicht wirksam war. Sie hatte nicht mal wirksamen Lerneffekt für den OB und seine Rechtsauffassungsspezialisten aus dem Baureferat, denn auch sie wurde – bereits 2019, also zwei Jahre vor der Zweckentfremdungssatzungspeinlichkeit, unbemerkt von Presse, Öffentlichkeit und offensichtlich auch von der Rathausoberschicht – aufgrund eines formellen Mangels für unwirksam erklärt. Was “formeller Mangel” bedeutet, werden die meisten ahnen. Für alle anderen ein Tipp: Der OB unterschreibt nicht so gern.

Zurück zum Prozess vor dem Oberlandesgericht, wo geklärt werden sollte, ob man als Stadt oder Gesetzgeber jemandem von hinten ein Bein stellen darf, um schnell zu überholen und noch vor Zieleinlauf die Regelwerke zu eigenen Gunsten zu ändern.

Ihr könnt es euch denken… Wie die Richter vom Oberlandesgericht abschließend urteilten, geht das nicht. Zumindest nicht mit rechtsstaatlicher Rechtsauffassung und auch nicht in einem Rechtsstaat. Die Erteilung einer Baugenehmigung, so steht es geschrieben, darf bei Entscheidungsreife nicht hinausgezögert werden. Vor allem eben nicht, um mal schnell noch die Spielregeln zu ändern. Die bewusste Nichtbehandlung des Bauantrags riecht sogar ein wenig nach Vorsatz. Die Richter schreiben etwas von “haftungsbegründende Amtspflichtverletzung”.

Um wieviel es wohl geht?

Das OLG urteilte, dass die Stadt Bamberg sämtliche Schäden ersetzen muss, die durch vorsätzliche Nichtverbescheidung entstanden sind und noch entstehen werden. Die genauen Schäden beziffert demnächst das Landgericht. Fliegt man aber jetzt schon mal grob durch die Zahlen aus dem Urteil, kommt man leicht in die Richtung von ca. drei Millionen Euro. Stand “heute”. Denn der Schadenersatzanspruch läuft, so wie ich das sehe, bis die Hütte in ein paar hundert Jahren mal zusammenfällt.

Ich könnte mir vorstellen, dass man bei der 9. Bamberger Fastenpredigt auch darüber redet. Bis dahin nutzen wir in den kommenden Wochen die Zeit, um auch die letzten acht Jahre “Heroldhaus” noch mal Revue passieren zu lassen, das fast sinnbildlich mit seiner herausragenden Ästhetik für die oft eigenwillige Rechtsauffassung der Rathausoberschicht steht.

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