Mehr ist weniger schädlich. – Der innerstädtische Einzelhandel fast in Hallstadt

In Bamberg tobt das weltberühmte Blues-, Jazz-, Oldie-, Rap- und Schlagerfestival. Das Stadtmarketing, seines Zeichens seit jeher angetreten, um den innerstädtischen Handel nachhaltig zu stärken und die Attraktivität der Innenstadt mit Bierbänken zu steigern, eskaliert. Wie schön! Endlich wieder Eintritt frei!

Im Schatten dieses Großevents gehen am Stadtrand Bambergs (Stadtrand, ganz wichtig!) weitere Teile im neuen LEZ14 an den Start. Das TK Maxx soll am 10. August eröffnen. LEZ14, Insider wissen es: Das ist der griffige wie pfiffige Name des Areals am OBI-Parkplatz. Für alle, denen TK Maxx erstmal nichts sagt, habe ich von deren Webseite (Startseite > About > erster Satz) eine kleine Zusammenfassung herauskopiert: „Bei TK Maxx bieten wir ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis bei einer ständig wechselnden Auswahl an Top Marken und Designer Labels, die bis zu 60 % günstiger als die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) angeboten werden und damit deutlich preiswerter als in Kaufhäusern oder Geschäften der Haupteinkaufsstraßen sind.“

Klingt für den gemeinen Schnitzel-all-you-can-eat-Bamberger doch großartig. Beim TK Maxx gibt’s alles, mehr davon und viel günstiger. So verspricht es die Werbung. Schluss mit der nervigen Parkplatzsuche durch Bambergs innerstädtische Gassen, um schlussendlich nix oder nix Passendes oder nix Passendes in „zu teuer“ quer durch die Fußgängerzone zum Auto zu schleppen.

Aber Halt! Macht das Sinn?! Klamotterie und Schuhe, also eher klassische Innenstadtsortimente, groß und neu im Gewerbegebiet? Gräbt man der eigenen Innenstadt nicht das Wasser ab?! Wo ist Stieringer, wenn man ihn braucht?!

Widerspruch dazu kam, das klingt jetzt vielleicht überraschend, nicht etwa vom Stadtmarketing, der innerstädtischen Gewerbetreibendenvertretung, sondern aus Hallstadt. Die Stadt Hallstadt hat in einer überaus freundlichen Stellungnahme im Herbst 2021 schon relativ deutlich – sagen wir – die Frage aufgeworfen, wie es denn sein kann, dass man da rund 7000qm Verkaufsflächen zentrenrelevanter Sortimente schafft, ohne Innenstadtschädlichkeit für Bamberg festzustellen.

Dankenswerterweise verweist die Stadt Hallstadt auf ein Gutachten der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung, kurz GMA, aus dem Jahr 2019, mit dem die Stadt Bamberg im Rechtsstreit um das ERTL-Zentrum gewedelt hatte. Darin wurde u. a. festgestellt, dass im Laubangergebiet z. B. in den Sortimenten Schuhe max. 1200qm zulässig sind, damit die Innenstadt Bambergs nicht wegen des ERTL-Zentrums zugrunde geht.

Nun gibt es seit 2021 ein neues Gutachten der GMA zum neuen LEZ14. Dort ist plötzlich von keiner Innenstadtschädlichkeit mehr die Rede, obwohl 7000qm ja sogar viel mehr sind als 1000qm, und obwohl das LEZ14 gar nicht so weit weg ist vom ERTL-Zentrum, das mit viel weniger neuer Fläche unserer wunderschönen 1-Euro-Shop-Innenstadt den Garaus gemacht hätte. Und Hallstadt wundert sich über plötzlichen Sinneswandel.

Aber was wären wir ohne die Rechtsauffassungsschwurbelabteilung unserer Maxplatzobrigkeit. Die Bamberger Verwaltung erklärte im damaligen Sitzungsvortrag für den Bau- und Werkssenat hochtrabend, dass… Ach, ich fass es euch mal etwas unjuristisch zusammen:

Weil das ERTL-Zentrum auf der Hallstadter Seite des Gewerbegebiets liegt und Hallstadt weniger Einwohner hat, ist weniger Verkaufsfläche innenstadtrelevanter Sortimente dort für die Bamberger Innenstadt schädlicher, als mehr Verkaufsfläche innenstadtrelevanter Sortimente im Bereich des Gewerbegebiets auf der Bamberger Seite, weil – Achtung! – wir Bamberger halt einfach mehr sind.

Nach dieser Erkenntnis bleibt mir fast nix anderes übrig, als aufs weltberühmte Blues-, Jazz- Oldie-, Rap- und Schlagerfestival zu gehen, mir drölf Bier in den Schädel zu stellen, um damit hoffentlich den innerstädtischen Einzelhandel nachhaltig zu stärken. Prost.

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